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Mit Wirkung zum 18. August 2023 wurde der Pumpspeicher Niederwartha unweit von Dresden in den Zustand der vorläufigen energetischen Stilllegung versetzt.

 

Mit Wirkung zum 18. August 2023 wurde der Pumpspeicher Niederwartha unweit von Dresden in den Zustand der vorläufigen energetischen Stilllegung versetzt. Das bedeutet konkret, dass die Anlage, die in den vergangenen Jahren nur noch sporadisch lief, nun nicht mehr produziert und nicht mehr am Energiemarkt teilnimmt. Im Zuge der vorläufigen Stilllegung sind nun bereits ein Bündel planerischer und baulicher Maßnahmen in der Vorbereitung oder teilweise in der Umsetzung, die der Sicherheit der Anlage dienen. Die „sichtbarste“ Maßnahme ist aktuell die Trennung der Triebwasserleitung 2 von den verbliebenen Maschinensätzen C und D im Maschinenhaus der Anlage. Zuvor wurden bereits neue, kleinere Pumpen und Rohrleitungen im Maschinenhaus installiert, die den Wasseraustausch zwischen dem Unter- und dem Oberbecken des Pumpspeichers Niederwartha weiterhin sicherstellen.

Foto: MeiDresden.deFoto: MeiDresden.deBereits im Jahr 2020 haben die Vattenfall Wasserkraft GmbH und die Stadt Dresden ein Eckpunktepapier unterzeichnet, mit dem Ziel, gemeinsam ein tragfähiges Konzept für die Nachnutzung des Standorts Niederwartha zu erarbeiten.In dem Eckpunktepapier hat Vattenfall dargelegt, dass das Unternehmen den Standort perspektivisch an neue Eigentümer übergeben möchte, sobald alle Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Dies ist ein extrem aufwendiger und zeitintensiver Prozess, der im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens für die Nachnutzung des Standortes mit zahlreichen Einzelmaßnahmen und genehmigungsrechtlichen Schritten verbunden ist und umfangreiche planerische Arbeiten erfordert.

Hierzu sagt Dr. René Kühne, Leiter Fleetmanagement der Vattenfall Wasserkraft GmbH: „Wir können an dieser Stelle nachvollziehen, dass sich Teile der Politik und der Öffentlichkeit schnell Klarheit zur Zukunft des Strandortes Niederwartha wünschen. Unser Ziel ist es, dieses aufwendige planerische Verfahren gemeinsam mit unseren Partnern, insbesondere der Stadt und der SachsenEnergie, Schritt für Schritt umsetzen. Dies wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Zum jetzigen Zeitpunkt haben alle Maßnahmen zur Sicherung der Anlage erste Priorität.“

„Als jahrzehntelanger Betreiber des Pumpspeichers stehen wir zu unserer Verantwortung für den Standort Niederwartha“, betont Kühne. Zum Betrieb des Freibades in Cossebaude steht die Vattenfall Wasserkraft GmbH zudem im jährlichen Austausch mit den Bäderbetrieben der Stadt Dresden. Der Wasserstand des Freibads Cossebaude, das einen Teil des Unterbeckens einnimmt, wird über 18 Brunnen sichergestellt. Auch für die laufende Saison wurde der Badebetrieb im Freibad erneut sichergestellt.
Oldtimer unter den Wasserkraftwerken

Der Pumpspeicher Niederwartha ist mittlerweile 94 Jahre alt, das Kraftwerk ist der Oldtimer in der Wasserkraftflotte von Vattenfall in Deutschland. Die Technik der Anlage ist veraltet, nur noch teilweise in Betrieb und sie erfüllt nicht mehr die Anforderungen, die es heutzutage für die Energiewende braucht. Nötig sind Speicher, die schnelle Lastwechsel bewerkstelligen können, bei hohem Wirkungsgrad.
„Wir haben bereits vor Jahren geprüft, ob und wie eine Zukunft der Anlage unter den neuen Bedingungen des Energiemarktes aussehen könnte“, so Kühne. „Wir sind dabei stets zu dem Resultat gelangt, dass weder eine kostenintensive Ertüchtigung noch ein Neubau unter den Rahmenbedingungen hier am Standort Niederwartha wirtschaftlich darstellbar sind.“

Hintergrundinformationen zum PSW Niederwartha
Das wenige Kilometer westlich von Dresden gelegene Pumpspeicherwerk Niederwartha wurde in den Jahren 1927 bis 1930 mit vier Maschinensätzen gebaut und 1930 in Betrieb genommen. Es gehört damit zu den ältesten PSW in Deutschland und zugleich zu den Pionieren der Pumpspeichertechnologie. Der Beginn der Planung erfolgte bereits im Herbst 1924, mit einer Studie zum Bau einer Pumpspeicheranlage bei Dresden in Niederwartha. Mit der Gründung eines Wasserzweckverbandes zwischen Sächsischen Werken A.G. und der Stadt Dresden sowie der späteren Gründung der Energieversorgung Groß-Dresden A.G. wurden hierfür die Rechtsgrundlagen geschaffen.

Im April 1926 erfolgte die geologische Erkundung des Baugrunds durch das Geologische Landesamt Leipzig, mit Gutachten zur Eignung des Silberbachtals und der Elbeauen zum Bau von Staubauwerken für das PSW Niederwartha. Im April 1927 wurde der Bau der Anlage PSW Niederwartha von der Energieversorgung Groß-Dresden beschlossen und durch die Amtshauptmannschaft Dresden am 18. Juli 1927 genehmigt.

Im August 1927 begann der Bau am oberen und unteren Speicherbecken. Ab 15. Juli 1929 wurde das untere Becken gefüllt und ab 11. Oktober 1929 erfolgte die Füllung des oberen Beckens, vorerst mit 1 Million m³ Nutzvolumen. Am 7. November 1929 wurde der erste von vorerst 4 Pumpspeichersätzen in Betrieb genommen. Die offizielle Inbetriebnahme des Werkes wird auf den 2. Januar 1930 datiert.
Im 2. Weltkrieg musste das Werk stillgelegt werden. Nach Kriegsende gingen Teile der Anlage als Reparationsleistung in die Sowjetunuion. Durch einen glücklichen Zufall konnten die Anlagenteile aufgefunden und zurück nach Niederwartha gebracht werden. Erst 1955 ging das Kraftwerk wieder in Betrieb. Bis zum Jahr 1960 wurde das Kraftwerk um zwei Maschinensätze und eine dritte Druckrohrleitung erweitert. Damit stieg die Kapazität des PSW mit nunmehr sechs Pumpspeichersätzen à 20 Megawatt (MW) auf eine Gesamtleistung von 120 MW.

Bereits im Jahr 2001 wurde die Leistung dann auf 40 MW reduziert, infolge von Rekonstruktionsarbeiten der damaligen ESAG am Umspannwerk Niederwartha. Nur zwei Maschinensätze blieben am Netz. Im August 2002 wurde das PSW Niederwartha durch das Elbehochwasser stark beschädigt. Das gesamte Kraftwerksgelände war überschwemmt, das Maschinenhaus stand unter Wasser. Mit großem Aufwand wurden bis zum Jahr 2004 die beiden verbliebenen Maschinensätze instandgesetzt und wieder in Betrieb genommen.
Seit 2007 wurden verschiedene Optionen für die Zukunft der Anlage bis hin zu einem Neubau neben dem bestehenden Kraftwerksgelände abgewogen. Wegen fehlender Wirtschaftlichkeit wurden die jeweiligen Planungsarbeiten wieder eingestellt.
Somit musste die Stilllegung des PSW in Betracht gezogen und langfristig geplant werden. Die Überlegungen mündeten in einem Antrag auf vorläufige energetische Stilllegung bei der Bundesnetzagentur im Jahr 2020. Gegen diesen Antrag gab es keinerlei Einwände seitens betroffener Stakeholder auf dem Energiemarkt, wie z.B. seitens des Übertragungsnetzbetreibers sowie des Verteilnetzbetreibers, so dass die vorläufige Stilllegung nun mit dem 14.8. wirksam wurde.

Das PSW Niederwartha im Überblick
Nennleistung: zuletzt 40 MW
Inbetriebnahme: 1929/1930
Bauzeit: 1927 bis 1929
Turbinentyp: Francis
Turbinen Nenndurchfluss: 2 x 18 Kubikmeter/Sekunde
Fallhöhe: 143 Meter
Länge Triebwasserleitung: 1,9 Kilometer
Fassungsvermögen Oberbecken: 1,981 Mio. Kubikmeter Wasser

Quelle: Vattenfall GmbH