Eine Hochdrucklage und Rückenwind hatten bereits Ende Januar den Rückzug der Kraniche in ihre heimischen Brutgebiete eingeleitet. Und auch am Wochenende sorgten die Frühlingsboten mit ihrer Eleganz, ihren perfekten Formationen und ihren unüberhörbaren Rufen für pures Glück am Himmel. In den nächsten Tagen werden die Zugbedingungen wetterbedingt schwieriger. Wie erstaunlich intelligent Kraniche auf Wetter reagieren, erklärt auf Anfrage von WetterOnline der Kranichexperte des NABU-Kranichzentrums, Dr. Günter Nowald.
Der Trend zu kürzeren und wärmeren Wintern lässt auch die Kraniche nicht kalt. Die „Vögel des Glücks“, die unter anderem so genannt werden, weil sie als Vorboten des Frühlings gelten, kehren immer früher aus ihren Winterquartieren in ihre Brutgebiete zurück. So wurden in diesem Jahr bereits im Januar die ersten Kranichschwärme gesichtet. Mit einer Hochdrucklage und Südwestwind waren die Wetterbedingungen ideal, denn die großen gefiederten Sympathieträger der Lüfte nutzen den Rückenwind für einen energiesparenden und schnellen Flug. Getreu dem Motto „Den Letzten beißen die Hunde“ gilt es, möglichst schnell ein Revier in der Brutheimat zu besetzen. Günstige Witterungsbedingungen führen oft zu Massenzugtagen bei den Vögeln. Auch in der vergangenen Woche war ein reger Rückreiseverkehr am Himmel über Teilen Deutschlands nicht zu übersehen und zu hören. In dieser Woche bietet tiefdruckbeeinflusstes Regenwetter über West- und Mitteleuropa eher ungünstige Bedingungen für den Kranichzug.
Kranichbeobachtungen sind in Deutschland inzwischen den ganzen Winter über möglich. Dr. Günter Nowald, Leiter des NABU-Kranichzentrums in Groß Mohrdorf, erklärt auf Anfrage: „Kraniche sind spontan und schlau. Sie beginnen ihren Rückflug in Abhängigkeit vom Winter, wobei Intuition und angelerntes Wissen der älteren Tiere eine Rolle spielen. Auch während des Zuges reagieren sie auf Wind und Wetter. So pausieren sie beispielsweise bei zu starkem Wind oder fliegen bei Schneefall zwischenzeitlich bis hinter die Schneegrenze zurück. Die seit über 20 Jahren beobachteten deutschen Kraniche mit Farbringen tendieren zudem dazu, immer kürzere Strecken nach Süden zu fliegen oder ganz im Land zu bleiben. Als sogenannte Wintervögel ziehen sie dann je nach Nahrungsangebot und lokaler Witterung im Land hin und her.“
Kraniche sind keine Warmduscher
Das Monitoring des Kranichzentrums zeigt, dass die deutschen Kranichbrutpaare früher in den Norden zurückkehren. Das hat den Vorteil, dass die Tiere ihren freien Brutplatz als erste besetzen können, ohne „Eindringlinge" aufwendig vertreiben zu müssen. Sie haben dann theoretisch viel mehr Zeit, Eier zu legen - auch neue, falls etwas schiefgegangen ist. Auf der anderen Seite bedeutet die frühe Rückkehr aber, dass die Vögel den starken Wetterumschwüngen im zeitigen Frühjahr deutlich stärker ausgesetzt sind. Denn auch wenn der Klimawandel zu wärmeren und kürzeren Wintern tendiert, ist ein Spätfrost oder ein erneuter Wintereinbruch im Februar oder März immer möglich. Laut Dr. Nowald ist eine kurze Frostperiode für Kraniche kein Problem. Die Vögel vertragen die Kälte gut. Problematisch wird es aber, wenn die Schlafgewässer zufrieren und damit der Schutz vor Füchsen und anderen „Fressfeinden“ verloren geht. Es wird vor allem dann schwierig, wenn die vorhandene Nahrung durch längeren Frost oder eine Schneedecke nicht mehr zugänglich ist.
Gibt es Kraniche, die im Frühjahr später ankommen?
Es gibt nach wie vor Kranichschwärme, die später nach Norden ziehen und früher in ihre südlichen Winterquartiere zurückkehren. Dies gilt zum einen für die nordskandinavischen Kraniche. Zum anderen kehren auch die jungen deutschen Kraniche bis zum Alter von drei Jahren oft später im Frühjahr zu uns zurück, denn sie lassen sich sozusagen Zeit, um sich zu orientieren. Kraniche sind in den ersten drei Jahren noch nicht geschlechtsreif und brüten erst ab dem vierten Lebensjahr. Kranichpaare bleiben übrigens ein Leben lang zusammen. Kranichfamilien bis zum ersten Zug in den Süden.
Aktuelle Informationen zum Kranichzug erhalten Sie hier:
Kranichschutz Deutschland: https://www.facebook.com/kranichschutz
NABU-Kranichzentrum: https://www.kraniche.de/de/
Quelle: WetterOnline