Der Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) hat sich auf seiner Verbandsversammlung am Dienstag in Kamenz intensiv mit den Folgen des Deutschlandtickets beschäftigt. Neben Änderungen im Tarifsortiment standen zudem Fragen der Finanzierung auf der Agenda. In den Jahren vor dem Deutschlandticket hatte der VVO gemeinsam mit den benachbarten sächsischen Verkehrsverbünden sogenannte Übergangstarife eingeführt, um das Pendeln zwischen den Verbünden einfach zu machen.

Verkehrsverbund Oberelbe strafft das Ticketsortiment ©MeiDresden.de (Bildmontage)Verkehrsverbund Oberelbe strafft das Ticketsortiment ©MeiDresden.de (Bildmontage) 

„Mit der Einführung des Deutschlandtickets sind die Verkaufszahlen dieser Tarife massiv gesunken“, erläutert Burkhard Ehlen, Geschäftsführer des VVO. „So sank die Zahl der Fahrgäste, die ein Ticket für den Tarif zwischen VVO und dem Verkehrsverbund Oberlausitz-Niederschlesien (ZVON) kauften, auf sechs Nutzer monatlich.“ Auch der Übergangstarif in den Verkehrsverbund Mittelsachsen (VMS) und der RiO-Tarif zwischen Riesa und Oschatz verzeichneten vergleichbare Entwicklungen. „Im gesamten letzten Quartal wurden noch zwölf Tickets im VVO-VMS-Tarif verkauft“, schildert Burkhard Ehlen. Vor dem Hintergrund der Übersichtlichkeit für die Fahrgäste und der Kosten für den Vertrieb der Tickets entfallen diese Tarife zum 1. August 2024. Fahrgäste, die nur gelegentlich zwischen den Verbünden unterwegs sind können mit „SachsenMobil“ in den Apps Moovme und HandyTicket Deutschland durchgehende Tickets erwerben, da das System die einzelnen benötigten Tarife automatisch in einem Kauf zusammengefasst werden.

Bus und Zug in Königsbrück © Lars NeumannBus und Zug in Königsbrück © Lars Neumann 

Ebenfalls beschlossen hat die Verbandsversammlung den Entfall des AzubiTickets Sachsen ab dem 1. August. Mit dem Deutschlandticket, das nur einen Euro mehr kostet, aber im ganzen Land gilt, hatte sich die Zahl der Nutzer im VVO bereits deutlich reduziert: Sie sank von 9.700 im April 2023 auf noch rund 2.800 aktuell. Der Freistaat Sachsen hat vor diesem Hintergrund beschlossen, seine Mitfinanzierung des Angebots einzustellen. In Abstimmung mit dem Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) haben die Verbünde daher ein Konzept zur nahtlosen Überführung der betroffenen Azubis ins Deutschlandticket erarbeitet. Sollten sich die Ausbildungsbetriebe an den Kosten beteiligen, ist auch der Wechsel ins Deutschlandjobticket möglich. Für Azubis sinken die Kosten in diesem Fall auf monatlich 34,30 Euro.

Die Verbandsversammlung wurde heute detailliert über die umfassende Modernisierung der Bahnstrecke ab Dresden-Klotzsche nach Ottendorf-Okrilla und Königsbrück informiert. Insgesamt werden über 50 Millionen Euro investiert, um unter anderem alle Stationen barrierefrei umzubauen, die Streckengeschwindigkeit zu erhöhen und ein Elektronisches Stellwerk (ESTW) zu errichten. Damit werden die Voraussetzungen geschaffen, um auf der Strecke einen S-Bahn-Betrieb einzuführen. Finanziert werden die Investitionen in die Strecke durch Bundesmittel. Zudem beteiligt sich der Verkehrsverbund an den Kosten für die Vorplanung und wird im Rahmen seines Infrastrukturprogramms die Gemeinde Ottendorf-Okrilla im Zuge der Umgestaltung des Verkehrsknoten B 97/Bahnhofstraße bei der Errichtung einer Übergangsstelle mit Park+Ride und Bike+Ride finanziell unterstützen. Kritisch sieht die Verbandsversammlung die Zeitplanung an. Aufgrund umfangreicher Planungen für das neue ESTW verbunden mit einem langwierigen Genehmigungsprozess rechnet DB InfraGO mit einer Umsetzung erst ab 2029.

Verkehrsverbund Oberelbe strafft das Ticketsortiment ©MeiDresden.deVerkehrsverbund Oberelbe strafft das Ticketsortiment ©MeiDresden.de 

Die Verbandsversammlung folgte dem Antrag aus Dresden, die Verlängerung der künftigen S-Bahn S 7 von Königsbrück bis Freital zu prüfen. Auf direktem Weg unter Auslassung des Hauptbahnhofs würde damit das südliche Verbundgebiet schneller an die wachsenden Arbeitsplatzstandorte im Dresdner Norden angebunden.

Weiterhin prekär ist die Haushaltslage der Verkehrsunternehmen und des Verkehrsverbundes. Bisher wurden die durch den Bund erhöhten Mittel für den Nahverkehr, die sogenannten Regionalisierungsmittel, nicht vom Freistaat an die sächsischen Verbünde weitergeleitet. Im Haushalt des VVO fehlen daher in diesem Jahr rund 21 Millionen Euro. „Es ist unverständlich, dass das Geld vom Freistaat zurückgehalten wird“, so Burkhard Ehlen. „Wir erwarten, dass er seine im vergangenen Jahr gemachte Zusage auch einhält.“ Auch der Ausgleich für die Mindereinnahmen durch das Deutschlandticket in Höhe von monatlich rund einer Million Euro ist noch nicht geflossen. „Es ist nicht akzeptabel, dass die ohnehin finanzschwachen Verkehrsunternehmen zusätzlich in Liquiditätsschwierigkeiten geraten“, so Burkhard Ehlen. Um die Haushalte zu stabilisieren, drohen daher verbundweit Kürzungen im Verkehrsangebot.

Quelle: Verkehrsverbund Oberelbe (VVO)

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