Die neue Stollensaison wirft ihre Schatten voraus. Zeit für die Dresdner Stollenbäcker, die neue Repräsentantin ihres traditionsreichen Weihnachtsgebäcks vorzustellen: Lorna Prenzel ist das 30. Dresdner Stollenmädchen. Wie all ihre Vorgängerinnen auch, ist die 22-Jährige eine Vertreterin des Handwerks. Das neue Stollenmädchen macht derzeit eine Ausbildung zur Bäckerin und lernt im dritten Lehrjahr in der Feinbäckerei Stefan Richter in Dresden. Die Bäckerei ist Mitglied im Schutzverband Dresdner Stollen e. V. Umtriebig, selbstbewusst und mit einer großen Achtung für das Handwerk ausgestattet: Von zahlreichen Stollenbäckern begrüßt, wurde Lorna Prenzel am Mittwoch am Dresdner Neumarkt und somit im Herzen der Stollenhauptstadt in ihrer neuen Funktion als Markenbotschafterin der Öffentlichkeit vorgestellt. Symbolisch wanderte sie zu ihrem ersten Pressetermin – und brachte damit ihre große Leidenschaft zum Ausdruck. Das Fotomotiv auf einer Dachterrasse am Neumarkt sorgte zudem für einen Weit- und Ausblick, der im Leben des neuen Stollenmädchens eine große Rolle spielt.

Stollenmaedchen Lorna Prenzel   Foto: ©Michael Schmidt Stollenmaedchen Lorna Prenzel Foto: ©Michael Schmidt

„Ich liebe es, aktiv zu sein und immer neue Wege zu gehen. Der heutige Tag verbindet für mich viele Momente. Dresden ist meine Heimat und mit unzähligen Erinnerungen aus meiner Kindheit verknüpft. Durch die Reisen, die ich in den letzten Jahren unternommen habe, konnte ich viele Freunde gewinnen, denen ich gern auch auf Wanderungen unsere Region zeige und somit auch immer wieder neue Sichtweisen bekomme. Das Amt des Dresdner Stollenmädchens eröffnet mir noch einmal eine neue Perspektive“, so die Dresdnerin.

Über 4.000 Kilometer von Mexiko nach Kanada auf dem Pacific Crest Trail

Nach dem Abitur bewanderte Lorna Prenzel 2022 den Pacific Crest Trail. „Inspiriert vom Buch „Der große Trip – Tausend Meilen durch die Wildnis zu mir selbst“ von Cheryl Strayed habe ich schon Jahre zuvor von der Wanderung auf diesem Trail geträumt. Es war eine großartige Zeit, in der ich viele wertvolle Erfahrungen für mein Leben sammeln konnte. Und es war definitiv nicht mein letzter Trail“, sagt die 22-Jährige, die eine echte Praktikerin ist und sich nach ihrer Rückkehr im Herbst 2022 deshalb auch für eine Ausbildung im Handwerk entschied.

„Ich habe bei meiner Reise immer wieder feststellen dürfen, welch großen Stellenwert deutsche Bäckereien im Ausland genießen und wie groß die Wertschätzung dafür ist. Für mich stand deshalb fest, dass ich mir diese Handwerkskunst selbst aneignen und in der Zukunft auch in andere Regionen wie etwa nach Neuseeland, in die USA oder in den Kaukasus und Australien tragen möchte. Die Möglichkeiten mit einem Handwerksabschluss sind vielfältig. Und wenn ich es mit meiner Leidenschaft kombinieren kann, ist es umso besser.“

Sport als Ausgleich: Schutzverband legt Wanderkarte mit digitalen Routenvorschläge auf

Wanderungen spielen im Leben des neuen Stollenmädchens eine große Rolle. Für den Schutzverband Dresdner Stollen e. V. war das der Anlass, erstmals eine Wanderkarte mit Touren durch das Schutzgebiet des Stollens aufzulegen. Im digitalen Bereich sind diese mit der App-Anwendung Komoot verbunden. Die Faltpläne gibt es pünktlich zum Start in die Stollensaison Anfang Oktober.
Stillstand ist definitiv nichts für Lorna Prenzel – und Ruhe auch nicht. Trotz vollen Terminkalenders besucht sie regelmäßig ihren Sportverein Take Down e.V., bei dem sie Mixed Martial Arts (MMA) trainiert, eine Sportart, die verschiedene Kampfsport-Techniken vereint. „Aktiv sein, mich auspowern – das ist für mich ganz wichtig. Nach dem Trail und dem Start ins Handwerk habe ich auch sportlich nochmal nach einer neuen Herausforderung gesucht – und sie, wie ein tolles Team, gefunden.“

Stollenmaedchen Lorna Prenzel und Stefan Richter    Foto: ©Michael Schmidt Stollenmaedchen Lorna Prenzel und Stefan Richter Foto: ©Michael Schmidt

Ausbildungsbetrieb Feinbäckerei Stefan Richter: Dresdner Christstollen als i-Punkt
Ihre Ausbildung absolviert Lorna Prenzel in der Feinbäckerei Stefan Richter, die sich seit 1931 in Familienhand befindet. Einst übernahmen Alfred und Hildegard Fiedler die Bäckerei auf der Bautzner Landstraße in Dresden-Bühlau. Über vier Jahrzehnte führte in der Folge Tochter Ursula mit ihrem Mann die Bäckerei. Seit 2006 wird sie in der dritten Generation durch den jüngsten Sohn der Familie, Bäckermeister Stefan Richter, geleitet. Das Jahr 2024 geht dabei unfreiwillig in die Geschichte ein. Für Schlagzeilen sorgte im Januar ein Busunfall, der die Fassade des Verkaufsraums zerstörte.
„Wir sind ein sehr kleines, vertrauensvolles Team und packen immer gemeinsam an. Genau das schätze ich sehr an der Zusammenarbeit. Ich lerne alles direkt von meinem Meister“, sagt die Auszubildende. Brot und Kuchen lässt sie in der Backstube am liebsten entstehen. „Dresdner Christstollen ist für mich eine Herausforderung. Von der Herstellung des Teiges, über das Aufarbeiten und in Form bringen und schließlich das Ausbacken: Es sind Hunderte, ja sogar Tausende kleine und große Handgriffe, die sitzen müssen, damit der Stollen perfekt wird.

Das erfordert unglaublich viel Wissen, jede Menge Erfahrung und ein gutes Bauchgefühl. Also die perfekte Kombination und der i-Punkt, was auch die große Bedeutung des Stollens nicht nur in unserer Region unterstreicht.“ Stefan Richter, Lehrmeister des neuen Dresdner Stollenmädchens: „Dieses Jahr ist einfach unglaublich für uns. Erst der Unfall – und jetzt der versöhnliche Ausklang mit der besonderen Ehre, mit dem Stollenmädchen die wichtigste Repräsentantin des Dresdner Christstollens stellen zu können.

Für uns als kleinen Handwerksbetrieb bedeutet es sehr viel. Die kommenden Wochen werden für uns auch eine Herausforderung darstellen, aber wir freuen uns sehr auf das, was kommt und sind mehr als gespannt aufs Stollenmädchen-Jubiläumsjahr und all das Neue. “

Maßgeschneidert: neues Kleid für die Striezelbotschafterin
Neu und dennoch wiedererkannt – so ist auch das Stollenmädchen-Kleid, welches anlässlich des Jubiläums neu geschneidert wurde. Die Liebe zum Handwerk verbindet Lorna Prenzel mit Carolina Schmidt. Die Maßschneidermeisterin aus Pirna hat in diesem Jahr ein neues Kleid für das Stollenmädchen entworfen. Sie hat sich durch ihre Vorliebe für mittelalterliche Kleidung vom Handwerk begeistern lassen und ihr Hobby zum Beruf gemacht.

„In meinem Beruf ist Kreativität, Fingerfertigkeit, Geduld, Kunstsinn und Mathematik gefragt. Es ist toll, etwas mit den Händen zu schaffen. Die besondere Herausforderung bei der Arbeit für den Stollenschutzverband lag darin, Stücke zu entwickeln, die auch für künftige Stollenmädchen anpassbar sind. Meine Erfahrung aus der Arbeit an verschiedenen Theatern der Region kam mir dabei zugute. Wir waren uns schnell einig, die grundsätzlichen Elemente wie Farbe und Form beibehalten zu wollen“, so Schmidt.“

Entstanden ist in mehr als 150 Arbeitsstunden kein einzelnes Kostüm, sondern mit einem Rock aus blauem Jacquardstoff inklusive Schürze, erstmalig einer Hose aus Crêpegewebe und einem Mieder samt Bluse vielmehr Einzelteile, die sich miteinander kombinieren lassen. Vorlage war dafür das bekannte Kleid, das über viele Jahre zum Markenzeichen des Stollenmädchens geworden ist. Als Inspirationsquelle dienten der Schneidermeisterin zudem Kostüme aus der Renaissance, die sich etwa in der Faltengebung des Rockes mit mehr als fünf Metern Saumweite wiederfinden.
„Wir wollten dem bisherigen Look einen modernen Touch verleihen, ohne die bestehende Anmutung komplett wegzuwischen. Dabei haben wir besonders an die praktische Nutzung gedacht – und deshalb etwa das Mieder auf eine halbe Armlänge geschneidert. So ist es für das Stollenmädchen bequemer, wenn bei Presseterminen auch mal in der Backstube mit angepackt wird. Auch die Hose mit Hosenrock-Charakter ist vor diesem Hintergrund entstanden und ein raffinierter, eleganter und zeitgemäßer Zusatz. Das Dresdner Stollenmädchen wird eben von einer modernen jungen Frau verkörpert, die äußerst facettenreich ist“, sagt Schmidt.

Gruppenbild Schutzverband     Foto: ©Michael Schmidt Gruppenbild Schutzverband Foto: ©Michael Schmidt

Voller Terminkalender: Stollenfest am 7. Dezember 2024 mit großer Stollenmädchen-Parade
Auch in diesem Jahr ist der Kalender des Stollenmädchens mit mehr als 50 Terminen in den kommenden Monaten schon gut gefüllt. Den Höhepunkt bildet das Dresdner Stollenfest am 7. Dezember 2024, dessen Schirmherrin das Dresdner Stollenmädchen ist.Dann gibt es für Stollen- und Stollenmädchenfans einen ganz besonderen Höhepunkt: Anlässlich des Stollenmädchen-Jubiläums sind auch alle 29. vorherigen Dresdner Stollenmädchen eingeladen. Viele der Frauen haben bereits zugesagt.

30. Jahre Dresdner Stollenmädchen: Geschichte und Auswahlprozess
1995 wurde das Amt der kulinarischen Botschafterin für den Dresdner Christstollen ins Leben gerufen. Seitdem stellen sich angehende Bäckerinnen, Konditorinnen oder Fachverkäuferinnen zur Wahl. Sie alle lernen am Beruflichen Schulzentrum für Agrarwirtschaft und Ernährung Dresden und werden in einem Mitgliedsbetrieb des Schutzverbandes Dresdner Stollen e. V. ausgebildet. Wer Stollenmädchen werden will, muss vor allem eines haben: Ahnung vom Stollenbacken, Kenntnisse der Dresdner Stollen-Geschichte und Leidenschaft fürs Handwerk. Doch bevor eine von ihnen ins wunderschöne Kleid der Verbandsrepräsentantin schlüpfen und im Rampenlicht brillieren darf, müssen die jungen Frauen ihr Fachwissen unter Beweis stellen. Nach einem Wissenstest entscheidet der Vorstand des Stollenschutzverbandes, wer das neue Stollenmädchen ist. Dann erwartet die junge Frau eine spannende Zeit: Ein Jahr lang ist sie im Auftrag der Dresdner Stollenbäcker unterwegs, steht im Fokus der Öffentlichkeit, wird tausende Male fotografiert, beantwortet ebenso viele Fragen und bringt den Dresdner Christstollen in Funk und Fernsehen.

Quelle: Schutzverbandes Dresdner Stollen e. V.