Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Signalstörungen, Stellwerksausfälle und kaputte Weichen haben bei der Deutschen Bahn mittlerweile ein Ausmaß angenommen, das einen geordneten Ablauf des Zugverkehrs kaum noch schwerlich möglich macht. Die "Süddeutsche Zeitung" schreibt in ihrer Montagausgabe, dass die Fahrpläne der DB allein in diesem Jahr zwischen zwei und drei Millionen Mal geändert werden - also tausende Male am Tag.  Die Planung der Zugfahrten gerate damit zunehmend zum Lotteriespiel, schriebt die Zeitung. "Fahrpläne werden nicht mehr gerechnet, sondern nur noch geschätzt", sagte ein Mitglied des Aufsichtsrats der SZ. Das sei ein "Riesenproblem" und führe zu einem "Kontrollverlust" bei den Fahrplänen. Die Sicherheit des Zugverkehrs sei dadurch zwar nicht beeinträchtigt, die Folgen seien dennoch "katastrophal".

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Das gilt insbesondere für die Fahrgäste. Sie können sich überhaupt nicht mehr darauf verlassen, dass die Züge so fahren wie angekündigt. Die Fahrpläne erweisen sich zunehmend als leeres Versprechen, nachdem das Schienennetz jahrzehntelang mangelhaft gewartet wurde. Ständig kämen neue Langsamfahrstellen "in einer Größenordnung dazu, die man bisher nicht kannte", heißt es aus dem Aufsichtsrat.

Solche Langsamfahrstellen werden eingerichtet, damit Mängel an Gleisen, Weichen oder Brücken nicht zu Unfällen führen. Weil die Fahrpläne kaum mehr einzuhalten sind, hält die Bahn immer mehr Züge in Reserve - oftmals eher ältere Modelle. Diese werden immer dann eingesetzt, wenn die laut Fahrplan eigentlich vorgesehenen Züge ihr Ziel so spät erreichen, dass die nächste Fahrt hinfällig wird. So viele Reservezüge und das dafür nötige Personal sind jedoch teuer - und könnten auf Dauer laut SZ nicht bezahlbar sein.

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Die "Süddeutsche Zeitung" schreibt weiter, sie habe mit Eisenbahnern gesprochen, die sich vor Ort um das Netz kümmern, mit Managern, Aufsichtsratsmitgliedern und Verkehrspolitikern. Das Bild, das dabei von der Deutschen Bahn entsteht, sei eindeutig: Der Zustand des Schienennetzes und der Stellwerke war noch nie so schlecht, die Stimmung im Unternehmen vielleicht noch nie so miserabel.

Und die Fahrgäste müssen noch viel Geduld aufbringen, bis viele Züge wieder halbwegs pünktlich fahren: Interne Prognosen besagen angeblich, es dürfte ein bis zwei Jahre dauern, bis die vielen inzwischen eingeleiteten Reparaturen am Netz zu einer spürbaren Verbesserung führen. Möglicherweise könnte es dann aber wieder neue Probleme geben.

Im Gegensatz zum früheren Management beschönigt die heutige Führungsspitze beim Schienennetz die dramatische Lage nicht. "Deutschland hat heute die älteste Stellwerkslandschaft in Westeuropa", sagte Philipp Nagl der SZ. Nagl ist Vorstandschef der DB Infrago, die als gemeinwohlorientierte DB-Tochter das Schienennetz und die Bahnhöfe betreibt. "In den vergangenen Jahrzehnten wurde zu wenig erneuert, zu wenig in die Sanierung gesteckt." Nagl stammt aus Österreich und hat lange bei der dortigen Bahn gearbeitet, die ebenso wie die Schweizerischen Bundesbahnen als Vorbild für die Deutsche Bahn gilt.
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Mit dem größten Sanierungspensum seit Jahrzehnten wird es laut Nagl 2024 zwar "erstmals gelingen, die Überalterung der Infrastruktur zu stoppen und die Trendwende einzuleiten". Aber diese Trendwende dauert eben. Müssen Züge wegen gesperrter Strecken, an denen gebaut wird, auf andere Trassen ausweichen, steigt dort die ohnehin große Belastung. "Wir fahren dann noch mehr auf Verschleiß", sagt ein Fahrdienstleiter. Er schätzt, dass zehn Jahre nicht reichen werden, um das Schienennetz in Ordnung zu bringen.

Und Vielfahrer wissen: Nicht nur die Zugverspätungen und Ausfälle sind ein Problem, die Bahn bekommt es auch regelmäßig nicht mehr hin, ihre Fahrgäste umfassend, rechtzeitig und korrekt zu informieren: Immer wieder werden in der App und am Bahnsteig Züge als pünktlich angezeigt, die drastische Verspätungen haben, oft wird die Verspätung einfach immer weiter nach oben geschraubt, und die Zugbegleiter wissen häufig selbst nicht Bescheid. Und zu allem Übel werden dann auch noch regelmäßig Züge mit einer Verspätungszeit gemeldet, die schließlich doch ein paar Minuten früher abfahren. Trauriges Fazit: Nicht einmal auf die Verspätung ist bei der Bahn Verlass.

Quelle: dts Nachrichtenagentur